Die Bahnuhr als Symbol für Tradition und Präzision im Schienenverkehr

Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren im Schienenverkehr ist die optimale Nutzung der Zeit. Sie setzt eine größtmögliche Pünktlichkeit voraus und erfordert eine im gesamten System einheitliche, sichere Zeitbasis und eine sekundengenau synchronisierte, für Passagiere und Bahnpersonal gleichermaßen deutlich sichtbare Zeitanzeige. Beim Blick auf die Bahnhofs oder Bahnsteigsuhr ist wohl nur Fachleuten bewusst, welche Technik für den Lauf des Sekundenzeigers und die Verteilung des Zeitsignals im Gesamtsystem erforderlich ist. Durch Neuerungen wie zum Beispiel LED-Beleuchtung oder IT-Netzwerkbetrieb (NTP) erfüllen auch analoge Bahnuhren modernste technische Anforderungen.

Im Gegensatz zum Straßenverkehrssystem bieten die schienengebundenen Transportsysteme noch erhebliche Entwicklungspotentiale zur Steigerung ihrer Leistung und Effizienz sowie zur Verbesserung der Akzeptanz. Neben relativ einfachen technischen Innovationen lassen sich vor allem durch die exakte Planbarkeit und Ablauforganisation sowie durch die sichere Steuerung und die permanente Überwachung der Betriebsabläufe erhebliche qualitative und ökonomische Verbesserungen erreichen. Beispiele in Deutschland, Frankreich und der Schweiz zeigen, dass es allein schon durch die Erhöhung der Pünktlichkeit – also durch eine optimale Einhaltung der Zeitplanung – möglich ist, mehr Züge im Netz einzusetzen, die Auslastung des Netzes zu erhöhen oder sogar auf teure Ausbaumaßnahmen zu verzichten.

Die Redewendung »Zeit ist Geld« ist also für den Schienenverkehr kein leeres Wort, sondern ein ganz realer, äußerst wirkungsvoller Maßstab für die Planungsqualität. Immerhin kostet beim Neubau einer Trasse ein Zeitgegewinn von nur einer einzigen Minute zwischen 80 und 100 Millionen Euro an Investitionen (Quelle: DB und SBB). Vor diesem Hintergrund ist für jeden nachvollziehbar, dass die »Minute « weder bei der Planung noch in der praktischen Durchführung des Zugverkehrs als kleinste Berechnungseinheit weiterhin Bestand haben kann. Die »Minute« muss vielmehr als »60 Sekunden« definiert werden, denn in dem vernetzten, hochkomplexen Gesamtsystem »Schienenverkehr« wird längst die Sekundengenauigkeit in jeder Phase und in allen Regelkreisen benötigt – und zwar in Form von absolut synchronen Zeitsignalen, -impulsen und Zeitanzeigen, die sich mittlerweile bis hin zum exakten »NTP-Zeitstempel« von IT-Systemelementen erstrecken.

Seit vielen Jahren steht die runde Bahnuhr stellvertretend für dieses Selbstverständnis traditionsreicher Bahnbetriebe. Uhrengehäuse, Zifferblatt, ja sogar Stunden-, Minuten- und Sekundenzeiger entsprechen ganz bestimmten, technischen Spezifikationen und Gestaltungsvorgaben, so dass die Uhr für das Verkehrsunternehmen sowohl eine Fahrgastinformationsanzeige, aber auch einen elementaren Bestandteil des eigenen »Corporate-Designs« und der Kundenkommunikation darstellt. Durch aktuelle technische Neuerungen ist es heutzutage möglich, dass analoge Bahnuhren speziell geschützt gegen Vandalismus, mit energiesparender und langlebiger LED-Beleuchtungstechnik versehen oder direkt als Endgeräte am IT-Netzwerk betrieben werden können.

Das Systemkonzept im Überblick

Als übergeordnete Zeitdienstzentrale wird bei Schienenverkehrsunternehmen häufig ein »Master Time Center« (MTC) in der Bahnbetriebszentrale eingesetzt. Diese Zeitzentrale kann mittels Zeitsignalempfängern auf das DCF 77- oder GPS-Funksignal zeitsynchronisiert werden. Auf den angeschlossenen Bahnhöfen werden als Unterzentralen die kleineren, speziell für den Einsatz in Netzwerkumgebungen entwickelten DTS-Hauptuhren installiert. Sie kommunizieren über das vorhandene Netz mit der Zeitdienstzentrale MTC und werden von dieser über das Network Time Protocol (NTP) als sogenannte »NTP-Clients« zeitsynchronisiert. »DTS« steht dabei für den Ansatz »Distributed Time System« (verteiltes Zeitsystem), so kann die Installation von Zeitsignalempfängern auf jeder einzelnen Station entfallen. Die DTS-Masterclocks steuern nun ihrerseits selbstrichtenden Bahnuhren mit Ethernet/LAN oder über den störungssicheren Zweidraht-Bus »MOBALine«.

Zu diesem Zweck verfügen die DTS-Unterzentralen über eine eigene Quarz-Zeitbasis, die permanent mit der von der Zeitdienstzentrale MTC empfangenen Zeit verglichen wird. Die Differenzen werden auf der Quarz-Zeitbasis automatisch und kontinuierlich nachgetrimmt, so dass im Falle eines Ausfalls der Kommunikation zwischen MTC und DTS die Nebenuhren weiterhin mit genauer Zeit angesteuert werden können. Die DTS-Hauptuhr kann Störungsmeldungen auf verschiedene Weise signalisieren: Rückmeldung an die Zeitdienstzentrale MTC, EMail oder SNMP-Trap an einen beliebigen Adressaten im Netz oder Meldung über einen potenzialfreien Kontakt in der DTS. Die Stations-Hauptuhr unterstützt Service und Wartung dadurch, dass alle angeschlossenen Nebenuhren auf 12:00 Uhr gestellt werden können, um die korrekte Montage der Zeiger zu kontrollieren. Im Falle einer Ethernet/LAN-Anbindung der Nebenuhren können diese sogar Rückinformationen wie zum Beispiel Konfiguration, Gerätetyp oder Softwareversion an die Unterzentrale und die Betriebszentrale liefern.

Die Bahnuhren

Je nach Präferenz und technischer Vorschrift des jeweiligen Bahnbetriebes werden impuls oder telegrammgesteuerte Bahn-Nebenuhren und autonome Funkuhren in unterschiedlichen Gehäuse-Bauformen gefertigt. Kennzeichnendes Merkmal ist aber regelmäßig das runde Zifferblatt mit Stunden-, Minuten- und Sekundenzeiger. Eine besondere Rolle spielt dabei grundsätzlich auch die Langlebigkeit und Wartungsfreundlichkeit dieser hochwertigen Infrastruktur-Investitionsgüter. Ein wichtiger Vorteil der analogen Bahnuhren gegenüber LED-Digitalanzeigen ergibt sich daraus, dass die traditionellen Analog-Zeitanzeigen neben der einfachen, intuitiven Lesbarkeit auch eine wesentlich höhere Gesamt-Lebensdauer aufweisen und damit in Verbindung mit einem regelmäßigen Servicekonzept die wirtschaftlich bessere Lösung darstellen. Dank entsprechender Liefer und Lagerlogistik sind die notwendigen Verschleiß- und Ersatzteile sehr gut verfügbar und können zudem recht einfach getauscht werden. So wurde zum Beispiel bei der Gehäusekonstruktion der Deutschen Bahn AG darauf geachtet, dass die verschiedenen Baugruppen einem modularen Ansatz folgen, diese Funktionsmodule – wie beispielsweise das Uhrenmodul mit Zifferblatt, Uhrwerk und Zeigern – wiederum einfach zerlegbar sind und vom Serviceteam ohne Spezialwerkzeug selbst repariert werden können. Darüber hinaus steht dem Bedarfsträger ein umfangreiches, ausführlich dokumentiertes Ersatzteilwesen unter Einbezug früher gelieferter Uhrentypen zur Verfügung. Im Resultat kommt dadurch trotz vielfältiger Ausprägungen (beispielsweise unterschiedliche Uhrengrößen, ein- oder doppelseitige Uhren, diverse Uhren-Antriebstechniken) ein wirtschaftliches »Gleichteileprinzip« zum Tragen, defekte Module können vor Ort zügig und damit kostengünstig ausgetauscht werden und der Bahnbetrieb behält trotzdem die Möglichkeit, die notwendige Reparatur vollständig in der eigenen Servicewerkstatt durchführen zu können. Im Jahre 2010 konnten die Bahnuhren im Bezug auf den Vandalismusschutz durch eine spezielle, praxisrelevant verschärfte Prüfvorschrift sowie eine dafür neu entwickelte Uhrenglashaube nochmals gravierend verbessert werden.

Um stets pünktlich zu sein, wollte die Bahn den Reisenden und den eigenen Bediensteten an allen Bahnhöfen immer die gleiche Zeit anzeigen. In der Vergangenheit wurde der Sekundenanzeiger daher nicht von einem typischen Uhrwerk angetrieben, sondern lief kontinuierlich durch und benötigte für eine Umdrehung etwas weniger als 60 Sekunden. Durch das Warten auf den »Minutenimpuls« war es dann möglich, kleinere Zeitabweichungen unter den verschiedenen Bahnhöfen und Standorten durch diese Ruhepause entsprechend auszugleichen. In der heutigen Zeit kommt das erforderliche Zeitsignal für die etwa 6000 Bahnhöfe, 17.000 Uhren und elektronischen Uhrwerke zwar per DCF 77 von der Atomuhr der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig sowie dem Sender in Mainflingen, doch legt man nach wie vor großen Wert auf dieses bahnspezifische Zeigerverhalten. So kann noch heute die Abfertigung von Personenzügen auf »Zeigersprung« erfolgen und der Zug setzt sich dann exakt mit Beginn der neuen Minute in Bewegung.

Das Uhrwerk

Die äußerst kompakten Werke zum Antrieb von Stunden-, Minuten- und Sekundenzeiger verfügen über eine Positionsdetektion, so dass sie sich automatisch auf die zum Beispiel von der DTS-Hauptuhr empfangenen Zeit einstellen können. Die Uhrwerke sind für den rauen Bahnbetrieb und für hohe Betriebssicherheit konzipiert. Neben den Prüfungen der elektromagnetischen Verträglichkeit (EN 50121-4, EN 61000-6-3) hat das robuste Uhrwerk auch zahlreiche Klima- und Vibrationstests erfolgreich bestanden. Je nach gewählter Uhrenantriebstechnik stehen Impuls-Nebenuhrwerke, DCFoder GPS-Funkuhrwerke oder selbstrichtende MOBALine-Uhrantriebe zur Verfügung. Eine besondere Neuentwicklung stellen heutzutage NTP-Uhrwerke dar, mit denen man Bahnuhren als eindeutig adressierte NTP-Clients und IT-Endgeräte sogar »direkt am Netz« betreiben kann.

Die übergeordnete Zeitdienstzentrale

Die Steuerzentrale MTC steuert Uhren, synchronisiert Computer zeitgenau, dient als Zeitbezug auf dem LAN, schaltet zeitabhängig elektrische Lasten, liefert Zeitinformationen in diversen Formaten und überwacht die Netzfrequenz. Die Steuerzentrale bietet eine optimale Betriebssicherheit und Flexibilität zur Realisierung anlagenspezifischer, flexibler Systemlösungen für die Zeitsteuerung in Industriebetrieben, Flughäfen, Bahnhöfen, Radio- und Fernsehsendern, Krankenhäusern, Elektrizitätswerken und Forschungslaboratorien. Das zuverlässige interne Zweidraht-Bussystem, die intelligenten Funktionsmodule, der zentralisierte Betrieb mithilfe von anwenderfreundlichen Menüs, die umfassende Software für das Systemmanagement sowie zahlreiche andere außergewöhnliche Merkmale zeichnen das System gegenüber herkömmlichen Zeitzentralen aus.

Als Bedieneinheit kann ein Notebook (in abschließbarer Schublade) oder ein externer PC verwendet werden. So stehen umfassende Informationen über Betriebsabläufe, vielseitige Konfigurationsmöglichkeiten und detaillierte Fehlermeldungen zur Verfügung. Die Bildschirmdarstellungen der Anlagenstruktur erfolgen in WINDOWS. Die Steuerzentrale hat vielfältige Anwendungsmöglichkeiten:

  • Aufbau flexibler, kundenspezifischer Systeme zur Synchronisation konventioneller Impulsnebenuhren und selbstrichtender MOBALine-Nebenuhren (Analog- und Digitaluhren);
  • NTP-Zeitserver und Computersynchronisierung durch serielle Schnittstellen;
  • Synchronisierung elektrischer Geräte und Anlagen mittels unterschiedlicher Zeitcodes;
  • Schaltung abgesetzter Relais nach Zeitprogramm sowie
  • Netzfrequenz-Überwachung durch präzise Bild 3: Neuartige LED-Beleuchtung von Außenuhren. Die Bahnuhr als Symbol Messung und Protokollierung der Frequenz des Energienetzes mit Signalisieren von Abweichungen und der Überschreitung von programmierbaren Alarm-Grenzwerten sowie Anzeige der Messwerte auf Bedienterminal, eingebautem LCD oder abgesetztem LED-Display.

Die MTC-Zeitdienstzentrale kann über den Feldbus »LON« (Local Operation Network) mit einer nahezu unbegrenzten Zahl von Untersystemen erweitert werden.

Die DTS-Zeitserver und -Hauptuhren/Unterzentralen für IT-Anwendungen

Die DTS-Geräte wurden speziell als Zeitserver und Hauptuhren für den Einsatz in Netzwerkumgebungen entwickelt. Sie dienen den am Netzwerk angeschlossenen Geräten als NTP-Zeitreferenz und steuern unter anderem selbstrichtende MOBALine-Nebenuhren. Die Synchronisation kann wahlweise mit Zeitsignalempfängern (AD 450 für DCF 77 oder GPS 4500) beziehungsweise durch einen anderen NTP-Server im LAN oder Internet erfolgen. Die Geräte arbeiten als NTP-Server zum Beispiel zur Netzwerksynchronisierung mit korrektem Zeitstempel, können jedoch auch als »Client« von anderen, übergeordneten IT-Servern aus synchronisiert werden, das heißt, sie arbeiten dann im Client/Server-Mode für Untersysteme. Die komfortable Fernbedienung kann von jedem Rechner im LAN aus ohne spezielle Software erfolgen. Via DCF-Current Loop – zur Ausgabe von Zeit und Datum – ist die Synchronisation weiterer Geräte, beispielsweise anderer Hauptuhren oder IT-Server mit konventionellen Schnittstellen, möglich.

Die LED-Beleuchtung von Bahnuhren

Von einigen Bahnbetrieben wurde in jüngerer Vergangenheit der Wunsch geäußert, die herkömmlichen Fluoreszenz-Ringröhren durch LED-Beleuchtungen zu ersetzen. Dies deshalb, da LED-Beleuchtungen einen geringeren Energiebedarf aufweisen und dank einer höheren Lebensdauer auch die Wartungsintervalle vergrößert werden sollten. Bei der herstellerseitigen Auseinandersetzung mit diesem Kundenwunsch schien es darüber hinaus sinnvoll, auch auf eine Austauschbarkeit zwischen Fluoreszenz- Leuchtstoffröhre und neuer LED-Beleuchtungseinheit zu achten. Seit 2010 werden daher nicht nur neue Bahnuhren mit LED-Beleuchtung ausgeliefert, es stehen auch LED-Nachrüstsätze für bereits installierte Außenuhren zur Verfügung.

Bei der Konstruktion dieser neuen LED-Beleuchtungseinheit muss aus Kostengründen auf eine möglichst geringe Anzahl von LED’s bei gleichzeitig guter und homogener Ausleuchtung des Zifferblattes geachtet werden. Dies wird zum Beispiel gelöst durch eine spezielle Anordnung der einzelnen LED’s sowie geeignete Lichtverteiler. Im Hinblick auf die Lebensdauer der eingesetzten LED’s und künftige Verfügbarkeit dieser Komponenten ist es sehr wichtig, LED’s namhafter Qualitätshersteller einzusetzen. Auch ist die maximal zulässige Betriebstemperatur der einzelnen Leuchtkörper sorgfältig zu begrenzen und auf eine gute Kühlung der installierten LED’s zu achten. Die so hergestellten LED-Beleuchtungseinheiten sind insofern als kundenspezifisch hergestellte Qualitätsprodukte zu bezeichnen, unterliegen dem regulären Qualitätswesen in der Uhrenproduktion (beispielsweise Nachvollziehbarkeit über Herstellerkennzeichnung und Seriennummern), sind exakt auf die entsprechenden Außenuhren abgestimmt und dürfen daher nicht durch alternative, möglicherweise minderwertige Fremdprodukte abgelöst werden.