Der BOS-Digitalfunk vereint und vereinheitlicht bundesweit die Kommunikation aller BOS-Behörden und Organisationen
Im Notfall wählen Bürger die 110 oder die 112 und landen in der Leitstelle von Polizei oder Feuerwehr. Diese nehmen die Notrufe entgegen und leiten unverzüglich die entsprechenden Rettungsmaßnahmen in die Wege. Über das BOS-Digitalfunknetz mobilisieren und koordinieren sie die Einsatzkräfte und entsenden die erforderlichen Fahrzeuge und Geräte. Darüber hinaus halten die Einsatzkräfte über das BOS-Digitalfunknetz Kontakt, um so neue Anweisungen zu erhalten oder über die sich eventuell ständig ändernde Situationslage informiert zu werden.
Zu den Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) zählen staatliche sowie nichtstaatliche Akteure, die spezifische Aufgaben zur Bewahrung oder Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wahrnehmen. Konkret gehören dazu polizeiliche Maßnahmen, Hilfeleistungen bei Unglücken und Katastrophen. Umgangssprachlich werden die BOS auch als Blaulichtorganisationen bezeichnet. Allerdings ist dies für die BOS in Deutschland eine unzutreffende Bezeichnung, da nicht alle BOS-Akteure das Blaulicht benutzen.
Das deutsche BOS-Digitalfunknetz ist das weltweit größte nichtöffentliche Funknetz, das auf dem digitalen Bündelfunkstandard TETRA (Terrestrial Trunked Radio) basiert. Es bietet den Nutzern ein flächendeckendes und hochverfügbares Digitalfunknetz für die einsatzkritische Kommunikation. Über das BOS-Digitalfunknetz kommunizieren ausschließlich die BOS sowie die Bundeswehr in einem bundesweit einheitlichen, gemeinsamen digitalen Sprech- und Datenfunksystem.
Laut BOS-Funkrichtlinie von 2009 gehören zu den Berechtigten des BOS-Digitalfunks:
- die Polizeien der Länder,
- die Polizeien des Bundes,
- die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)
- die Bundeszollverwaltung,
- die Feuerwehren,
- die Katastrophen- und Zivilschutzbehörden des Bundes und der Länder sowie Mitwirkende wie die privaten Hilfsorganisationen,
- die Rettungsdienste,
- die mit Sicherheits- und Vollzugsaufgaben gesetzlich beauftragten Behörden und Dienststellen,
- die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder sowie
- die Bundeswehr.
Der BOS-Digitalfunk ist speziell auf die Anforderungen der BOS ausgerichtet. Es vereint und vereinheitlicht bundesweit die Kommunikation aller BOS. Für die Praxis bedeutet dies, dass z.B. die Bundespolizei in Frankfurt am Main ebenso mit der Bundespolizei in Potsdam kommunizieren kann, wie auch die Polizei der Länder, Feuerwehren, Rettungsdienste sowie weitere BOS-Funkberechtigte untereinander.
Der wesentliche Vorteil des BOS-Digitalfunks gegenüber kommerziellen Mobilfunknetzen ist die Gruppenkommunikation. Mit dieser Funktion wird ein Funkspruch allen Teilnehmern einer definierten Gruppe zugleich übersendet. Darüber hinaus können die Einsatzkräfte je nach Einsatzlage zentral gesteuert und BOS-übergreifend in Funkrufgruppen zusammengeschaltet werden. Dies vereinfacht insbesondere die Durchführung anspruchsvoller und komplexer Einsatzszenarien wie z.B. Demonstrationen, politische Gipfeltreffen oder große Festveranstaltungen unter Beteiligung verschiedener BOS. Die Abhörsicherheit stellt einen weiteren, besonderen Vorzug des BOS-Digitalfunks gegenüber dem kommerziellen Mobilfunk dar.
Die zentrale Aufgabe der Bundesanstalt für Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) ist der Aufbau des BOS-Digitalfunks sowie die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit und der Dienste. Darüber hinaus ist die BDBOS für die Modernisierung des BOS-Funknetzes zuständig.
Um die Funktionalitäten und Dienste langfristig sicherzustellen, muss das Digitalfunknetz zukunftssicher aufgestellt und eine grundlegende Netzmodernisierung durchgeführt werden. Die Übertragungstechnologien, die zum Transport von Sprache und Daten benutzt werden, haben sich weiterentwickelt. Zur Zeit der Konzeption des Funknetzes war die leitungsvermittelte Technologie (E1) für zeitkritische Sprachanwendungen die einzige hochverfügbare Übertragungstechnik. Inzwischen ist die paketvermittelte Daten-übertragung zum Industriestandard im kommerziellen Netzbetrieb geworden.
Mit dem Wegfall der kommerziellen Verfügbarkeit der E1-Leitungen ist eine Netzmodernisierung notwendig, bei der auf paketvermittelnde Übertragung von Sprache und Daten umgestellt werden muss, um die Funktionsfähigkeit des BOS-Digitalfunks aufrechtzuerhalten.
Höchster Anspruch an die Umstellung auf IP-Technologie ist zunächst einmal der permanente Erhalt der Hochverfügbarkeit des Netzes und dessen Ausfallsicherheit. Darüber hinaus soll das neue Netzwerk eine deutlich sichere, stabile sowie starke Sprach- und Datenkommunikation gewährleisten.
Die Anforderungen höherer Datenraten und verbesserter Sprachqualität lassen sich nur mit einer präzisen Zeitsynchronisation des Netzwerkes bzw. aller Hardwarekomponenten erzielen. Die notwendige bzw. präzise Zeitsynchronisation wird mithilfe des Precision Time Protocol (PTP) gemäß Standard IEEE 1588-2008 erreicht. In diesem Zusammenhang wird ein Grandmaster mit PTP gemäß Standard IEEE1588v2 in Verbindung mit dem Telekommunikationsprofil ITU G.8275.1/2 eingesetzt, der nach dem Master-Slave-Prinzip arbeitet. Dieser stellt allen Geräten im Netzwerk die hochpräzise Zeit zur Verfügung. Der Master selber, wird z.B. über eine GNSS-Antenne, die eine hochgenaue Zeitreferenz darstellt, synchronisiert. Bei Verlust der Zeitquelle, sorgt der im Grandmaster integrierte Oszillator für eine kontinuierliche hohe Zeitgenauigkeit. Dabei müssen die im Oszillator eingesetzten Quarze, die Genauigkeit nach ITU-T G.813, G.812 oder G.811 erfüllen. In der Praxis ist es dann häufig so, dass zwei Grandmaster redundant im IT-Netzwerk als Zeitquelle installiert sind und sich untereinander synchronisieren, um so evtl. Ausfälle zu vermeiden.