Ein Flughafen der Superlative
Er ist der größte Flughafen Deutschlands und mit 70.000 Mitarbeiter – 12.700 bei der Fraport AG – größter lokaler Arbeitgeber. Damit alles just in time verläuft, kommen die Zeitsignale von einer neuen Uhrenzentrale.
Wer sich von der Autobahn dem Flughafen nähert, sieht die startenden und landenden Flugzeuge wie an einer Perlenschnur aufgezogen am Himmel. Frankfurt ist die Drehscheibe für den internationalen Luftverkehr in Deutschland. Zwar hat der Flughafen mittlerweile Konkurrenz bekommen, bleibt aber dennoch einzigartig, wenn es um Superlative geht. Das Areal des Airports umfasst nahezu 20 Quadratkilometer. Und vermutlich wird das noch nicht das Ende sein. 2006 nutzten fast 53 Millionen Passagiere den Flughafen, um von dort abzuheben oder zum Weiterflug umzusteigen. Und erstmals wurden im selben Jahr mehr als zwei Millionen Tonnen Fracht verladen. Die Zahlen und Fakten sind beeindruckend. 2.881 Fahrzeuge bewegen sich auf dem Gelände. Das Gepäck wird auf einer 67 Kilometer langen, computergesteuerten Beförderungsanlage an seinen jeweiligen Zielort transportiert. Ein 40 Kilometer langes Leitungsnetz versorgt die Flugzeugparkpositionen mit Kerosin. Gelagert werden etwa 186 Millionen Liter des speziellen Treibstoffs.
Das reicht in der Hauptreisezeit im Juli nicht einmal für zehn Tage Flugbetrieb. Kein Wunder, eine Tankfüllung für den neuen A 380 fasst allein schon 310.000 Liter. Für das neue „Luftschiff“ der Airbusflotte wird zurzeit ebenfalls fleißig auf dem Gelände gebaut, denn die Maße des Fliegers sprengen die bis dato vorhandenen Möglichkeiten des Flughafens. Die Betreiber haben darauf reagiert und investiert. So werden am Teminal 2 fünf Stellplätze für den „Dicken“ zur Verfügung stehen und am Terminal 1 zwei. Neue Fluggastbrücken werden es ermöglichen, dass die Passagiere gleichzeitig auf beide Decks des A 380 gelangen können. Das ist auch wichtig, denn an Bord des Superfliegers finden rund 555 Menschen Platz. Gebaut wird im Augenblick auch eine neue Werft für das Flugzeug. Sie umfasst etwa 17 Hektar. Darauf findet man eine Wartungshalle für vier Flugzeuge dieses Typs und ein sogenanntes Wartungsvorfeld sowie weitere Betriebsanlagen. Solch eine Garage ist 350 Meter lang, 45 Meter hoch und 140 Meter breit. Die werden auch benötigt, denn mit 73 Metern Länge und einer Spannweite von fast 80 Metern ist er das größte zivile Langsteckenflugzeug der Welt. Wenn er zum Start ansetzt, dann müssen bei voller Beladung sage und schreibe 560 Tonnen Last in die Lüfte gebracht werden. Der Bau der Werft, deren Fertigstellung für das Jahr 2015 geplant ist, bietet bis zu diesem Zeitpunkt etwa 2.000 Menschen einen sicheren Arbeitsplatz.
Die Fraport AG verfügt über einen eigenen Netzbetreiber, der Strom und Fernwärme einkauft und gleichzeitig für das Energiemanagement zuständig ist. Zwei Energieversorger mit jeweils zwei Einspeisungen stehen zur Verfügung. Sollte einer ausfallen, kann sofort umgeschaltet werden. „Da der Energiebedarf des Flughafens gigantisch ist, kann hier jede Minute eine Kaufentscheidung fallen, um von schwankenden Preisen unmittelbar profitieren zu können“, führt Eberhard Lieber, Fraport Handels- & Vermietungsmanagement aus. „Hier steckt für uns aber noch viel mehr Potenzial, das wir künftig verstärkt nutzen werden,“ ergänzt er. Bereits mit geringen Maßnahmen können beim Flughafen sehr große Einsparungen erzielt werden, denn der Leistungsbedarf ist größer als der Heidelbergs. Allein 180 Trafostationen mit jeweils bis zu 12 Trafos tragen zum reibungslosen Flughafenbetrieb bei.
Energie wird nicht nur für den direkten Flughafenbetrieb benötigt, sie wird auch von fast 200 Geschäften, darunter 17 Dutyfrees, und der Ambulanz abgerufen, die mit zwei fest angestellten und 14 freien Ärzten sowie acht Krankenschwestern bedarfsgerecht ausgestattet ist. Der Frankfurter Flughafen ist eben eine Stadt, allerdings mit gehobenen Ansprüchen an die technische Versorgung. Nahezu alle Gwerke sind mit eigenen Abteilungen auf dem Gelände vertreten. Hinzu kommen zahlreiche Dienstleister von außen.
Reibungslose Abläufe sind unverzichtbar; und dazu gehört natürlcih ein exaktes Timing. Um überall auf dieselbe Zeit zurückgreifen zu können, wurde jüngst eine neue Uhrenanlage aus dem Hause Bürk Mobatime installiert. Die bestehende Uhrenanlage im Fankfurter Flughafen war in die Jahre gekommen und es gab letztlich keine Ersatzteile mehr. So entschlossen sich die Verantwortlichen, eine Ausschreibung für diesen technisch ausgesprochen sensiblen Bereich durchzuführen.
Den Zuschlag erhielt das Essener Unternehmen Zeitdienst Sorge. Es bot eine platzsparende und zukunftssicher Lösung unter Einsatz der Technik von Bürk Mobatime an. Heute präsentiert sich die Anlage hochmodern auf engem Raum. War die alte Uhrenzentrale in sechs Schränken untergebracht, reichen jetzt dank innovativer Technik zwei aus; und es gibt sogar noch Reserven. Die einzelnen Uhren werden über die strukturierte Verkabelung des Flughafengeländes angesteuert. Im Fokus stehen dabei alle öffentlichen Zeitmesser des Flughafens. Den Fluggästen und Besuchern möchten die Betreiber überall und aus fast jedem Blickwinkel die Möglicheit einer „Zeitnahme“ geben. „Wer das hektische Treiben kennt, weiß, wie dankbar man für diesen Service ist.“ Außerdem, so Andreas Kaspar, Fraport Immobilien & Facility Management, ist es wichtig für uns, dass sämtliche Leitstellen ein einheitliches Uhrensignal bekommen, denn nur so können wir ein Höchstmaß an Sicherheit gewährleisten. „Funkuhren kamen für uns nicht in Frage, weil das Signal nicht überall zu empfangen war,“ erklärt er uns.
Insgesamt empfangen rund 1.500 Uhren von der Zentrale aus das Zeitsignal. Lediglich die großen Flugplananzeigen wurden nicht eingebunden, sie erhalten von der IT-Abteilung die Uhrzeit. Ausgenommen sind auch sämtliche Flugzeiten, das heißt alle Flugzeitdaten, Verspätungen etc. Zurzeit arbeitet man an einer zentralen Erfassungsebene, um alle Abläufe möglichst auf einer Ebene perfekt kontrolliern zu können.
Verschiedene Technikfelder sind schon heute in einer zentralen Leitwarte zusammengeführt; von hier aus erfolgt die Überwachung und Steuerung von Haustechnik, Klima, Heizung, Sanitär- und Brandschutztechnik. Angeschlossen sind etwa 5.000 Anlagen in 120 Gebäuden. Daraus ergeben sich rund 130.000 aufgeschaltete Komponenten. In der Leitwarte laufen auch sämtliche Störungen auf; ebenso werden von dort aus die zur Problembehebung erforderlichen Maßnahmen eingeleitet. „Die heute noch vorzufindenden Insellösungen werden mittelfristig sicherlich vollstädig abgeschafft werden,“ führt Andreas Kaspar weiter aus.
Bei der Installation der neuen Uhrenanlage wurden die Einschübe von Bürk Mobatime zunächst bei Zeitdienst Sorge konfiguriert, dann eingestellt und schließlich vor Ort installiert. Platziert und montiert wurde außerdem eine 60-V-Batterieversorgung, denn Ausfälle der Technik darf es auf dem Flughafen nicht geben. „Für unsere Mitarbeiter war insbesondere die aufwendige Verkabelung eine echte Herausforderung, denn um in die einzelnen Bereiche zu gelangen, brauchten sie immer eine Zugangsberechtigung, was aus Sicherheitsaspekten heraus natürlich wichtig ist, die Arbeit aber nicht immer ganz leicht gemacht hat,“ erzählt Sorge-Vertriebsleiter Günter Budzyn, der die g+h-Redaktion während der Flughafenexkursion begleitete.
Die Installation musste bei laufendem Flughafenbetrieb vorgenommen werden und, ohne die alte Uhrenanlage abzuschalten – ein fliegender Wechsel also. „Bei 280 Uhrenlinien und 1.500 Uhren ist das nicht ganz so einfach,“ gibt Günter Budzyn zu verstehen. Anfänglich hatte man das dem mittelständischen Unternehmen aus Essen gar nicht zugetraut. Jetzt, so Budzyn, sind alle überzeugt von unserer Leistungsfähigkeit. Entscheidend sei die rechtzeitige Planung gewesen. Das fängt schon beim Transport der Batterien an, von denen jede rund 50 Kilo und alle zusammen mehrere Tonnen wiegen. Und es endet mit der Vorsorge, dass zum Tag X auch alle Räume von den Monteuren betreten werden können.
Sind im Augenblick lediglich die öffentlichen Uhren an das System geknüpft, soll künftig das NTP-Zeitsignal (Network Time Protocol) in das Netzwerk eingebunden werden. Das, so Armin Seeger, Technischer Leiter Bürk Mobatime, eröffnet die Möglichkeit für alle in das Netz integierten Geräte und Systeme, auf das Zeitsignal unserer Uhrenanlage zurückzugreifen. Verständlich, denn heute holt sich fast jedes Gerät seine Uhrzeit über das Netzwerk und bedient sich dabei des jeweils definierten Zeitsignals. Die gesamte Anlage umfasst im Augenblick sieben Racks, die, so Armin Seeger, auch in einem einzigen Schrank hätten untergebracht werden können. Es war jedoch der Kundenwunsch, entsprechende Reserven vorzuhalten. Im Gegensatz zur alten Anlage werden Überwachung und Bedienung der Anlage über den PC realisiert.
Jede Uhrenlinie einschließlich sämtlicher Werte wie Strom, Spannung und Leckstrom ist für jede Linie sofort einsehbar. Die Software prüft jedes einzelne Linienmodul ab. Der Techniker erkennt auftretende Fehler und Einstellungen der Linie zu jeder Zeit. Wenn die Anbindung ans Netzwerk erfolgt ist, kann bei entsprechender Autorisierung von jedem Rechner aus auf die Anlage zugegriffen werden. Das wird vermutlich in der zentralen Leitwarte der Fall sein. Ein komplexes Alarmmanagement ist bei einer Uhrenanlage dieser Größenordnung selbstredend unverzichtbar.
Jede Linie kann eine eigene Zeitzone zugeordnet werden. Das Zeitzonenmanagement der Anlage stellt alle Zeitzonen rund um den Globus zur Verfügung, mit dem jeweiligen Zeit-Offset zur UTC-Zeit und den entsprechenden Sommer-/Winterzeitumstellungen, sofern sie vorhanden sind. Zu den individuell einstellbaren Parametern zählen beispielsweise Puls- und Pausenlängen. Außerdem können Grenzwerte wie minimaler/maximaler Strom definiert werden. Dadurch kann eine indirekte Leitungsüberwachung generiert werden. Treten Abweichungen auf, können diese als Fehler-Traps oder E-Mails an einen Recher weitergeleitet werden. Kontrolluhren sind aus diesem Grunde überflüssig.
Die Installation der Uhrenanlage unterstreicht die aktuellen Trends in der Gebäudetechnik hin zu zentralen Steuerungssystemen unter Einbeziehung des Ethernets. Die Einbindung sämtlicher technischer Abläufe beschreibt einen Aspekt dabei. Ein zweiter Gesichtspunkt ist die Zusammenfassung aller Funktions- und Kontrollmechanismen auf einer Visualisierungsebene, die dann zur vollständigen Steuerungs- und Wartungszentrale aufgewertet wird. Visualisierung ist das Thema der Zukunft schlechthin – auch im privaten Wohnungsbau. Mit ihrer Hilfe wird Elektrotechnik sichtbar und gleichzeitig wird die Bedienung komplexer Anlagen erheblich vereinfacht. Das wird auch die Akzeptanz moderner Bustechnik beim Kunden erhöhen.