Technik und Design für die Uhren in Bahnhöfen
Die Deutsche Bahn AG hat ihre rund 17.000 Bahnhofsuhren in der Vergangenheit ohne ein einheitliches Regelwerk für die technische und gestalterische Auslegung von Bahnhofsuhren beschafft. Als Folge davon entstand eine Vielfalt unterschiedlicher Uhrentypen und -größen. Ein verbindliches Lastenheft „Zeitdiensttechnik“ regelt seit 1999 sowohl die technischen Anforderungen als auch das Design. Durch konstruktive Maßnahmen wird darüber hinaus für eine kostengünstige Wartung gesorgt.
1. Bestandsaufnahme
Die Deutsche Bahn AG hat rund 17.000 Bahnhofsuhren auf über 6.000 Bahnhöfen im Einsatz. Sie sind auf Bahnsteigen und Gebäuden Dreh- und Angelpunkt der gesamten Betriebsabläufe, weshalb die Bahn auf eine sehr präzise und Synchronisation aller Uhren angewiesen ist. Die Bahnhofsuhr ist darüber hinaus in öffentlichen Bereichen weithin sichtbar, so dass ihr auch unter dem Gesichtspunkt des „Corporate Design“ bei der Deutschen Bahn sowohl im Bezug auf die Kunden als auch auf die Mitarbeiter eine hohe Bedeutung zukommt.
Generell werden die Zeitdienstanlagen der Deutschen Bahn AG per Funk über den Langwellensender DCF 77 in Mainflingen bei Frankfurt mit dem exakten Zeitsignal versorgt. Es sind dabei drei verschiedene Betriebsarten zu unterscheiden:
- Uhrenanlage mit Hauptuhr und Nebenuhren
Im Mittelpunkt dieser Zeitdienstanlage steht die Hauptuhrzentrale welche per abgesetztem DCF 77-Funkempfänger auf die exakte Zeit synchronisiert wird. Die Hauptuhr gibt Minutenimpulse aus, über die die Bahnhofsuhren im sogenannten Nebenuhrbetrieb angetrieben werden. Die Größe und Leistungsfähigeit der Hauptuhr richtet sich dabei im Wesentlichen nach der Anzahl von Impulslinien sowie der Gesamtzahl der zu betreibenden Nebenuhren. - DCF 77-Uhrensteuerung
Diese Gerät wurde speziell als „kleine Hauptuhr“ entwickelt, um auf kleineren Bahnhöfen und Haltepunkten die dort vorhandenen Nebenuhren ohne größere Installationsarbeiten – wie etwa Modernisierung einer veralteten Hauptuhr oder neue Leitungsverlegung – auf „autonomen“ Funkuhr-Betrieb umzurüsten. Die Uhrensteuerung verfügt hierfür über einen abgesetzten DCF 77-Funkempfänger und generiert Minutenimpulse für maximal vier Nebenuhren. - Autonome Funkuhren
Es handelt sich hier um Bahnhofsuhren mit eigenem DCF 77-Funkempfänger und ohne Anschluss an eine übergeordnete Uhrenzentrale. Diese Uhren laufen daher im Gegensatz zu den vorgenannten Betriebsarten nicht auf Impulsbetrieb, sondern verfügen über spezielle Uhrwerke zur direkten Umsetzung des empfangenen DCF 77-Funksignals in einer Zeitanzeige.
2 Vergangenheitsbewältigung
In der Vergangenheit gab es kein einheitliches Regelwerk für die technische und gestalterische Auslegung von Bahnhofsuhren. Als Folge davon entstand eine Vielfalt unterschiedlicher Uhrentypen und -größen mit spezifischen Gestaltungsmerkmalen. Die so beschafften Uhren befinden sich z.T. heute noch im Betrieb.
Als „Meilenstein“ ist daher die Herausgabe eines verbindlichen Lastenheftes „Zeitdiensttecnik“ im Jahre 1999 zu bewerten, welches sowohl die technischen Anforderungen als auch das von der DB neu geschaffene Design exakt und einheitlich vorgibt.
Infolge der hohen Affinität der Deutschen Bahn AG sowie ihrer Kunden und Mitarbeiter zu der repräsentativen Bahnhofsuhr ist gerade ein gelungenes und einheitliches Design aller betriebenen Uhren von großem Nutzen für ein schlüssiges „Corporate Design“ des gesamten Bahnhofes bzw. des Gesamtunternehmens. Dies und die Notwendigkeit zur technischen Standardisierung führt dazu, dass die DB Station&Service AG mit Nachdruck auf eine lastenheftkonforme Beschaffung bei Ersatz- oder Neubedarf von Bahnhofsuhren achten muss. Dies wird auch durch Rahmenverträge gestützt, in denen die Konditionen und Modalitäten für die Beschaffung der Uhren festgelegt sind. Der jeweilige Bedarfsträger kann dabei davon ausgehen, dass sowohl die Technik als auch der Preis der bestellten Uhren und Zeitdiensttechnik geprüft und zertifiziert sind und insofern kein Beschaffungsrisiko besteht. Diese Tatsache bietet dem Bahnhofmanagement und den technischen Gebäudemanagern die Möglichkeit, die Bahnhofsuhren nicht mit entsprechenden Aufschlägen über den Generalunternehmer einer Baumaßnahme zu beziehen, sondern sie direkt bei jeweiligen Hersteller abzurufen und im Rahmen einer Beistellung in die Baumaßnahme einzubringen. Bei dieser Art der direkten Beschaffung lassen sich durchaus nennenswerte Einsparungen für die Deutsche Bahn realisieren.
3 Der Blick in die Zukunft
Mit dem bereits erwähnten Lastenheft „Zeitdienstanlagen“ ist es gelungen, einheitliche Vorgaben für Technik und Design von Bahnhofsuhren festzuschreiben. Das gestraffte Produktprogramm enthält hauptsächlich Neben- und Funkuhren in nur zwei notwendigen Größen – den Zifferblattdurchmessern 60 und 80 cm. Alle DB-Außenuhren verfügen über einen Sekundenzeiger und sind beleuchtet. Darüber hinaus beschreiben Lastenheft und Rahmenverträge zwar noch andere Ergänzungsprodukte, diese runden aber das Leistungspektrum Zeitdiensttechnik z.B. für den Innenbereich oder im Bezug auf Hauptuhren lediglich ab. Auch in Zukunft werden die zentralen Produktverantwortlichen den Weg einer konsequenten Standardisierung und Eindämmung der Variantenvielfahlt verfolgen, um sowohl die Herstellkosten (durch größere Stückzahlen für mehrfach verwendbare Komponenten) als auch Wartungs- und Instandhaltungskosten (durch eine Ersatzteilhaltung für nur relativ wenige Standardbauteile) soweit wie möglich zu senken, ohne jedoch wesentliche Abstriche an der Produktqualität hinnehmen zu müssen.
Mit Blick auf die eingangs erwähnten, unterschiedlichen Betriebsarten gilt die Strategie, möglichst autonome Funkuhren oder DCF 77-Uhrensteuerungen einzusetzen, um dadurch die mit einer Hauptuhr oder Leitungswegen verbundenen Kosten konsequent zu vermeiden. Dennoch sind diese Anwendungen – so z.B. in Tunnelbereichen, großen Bahnhöfen etc – technische Grenzen gesetzt, so dass auch künftig Zeitdienstanlagen, bestehend aus Haupt- und Nebenuhren mit Impulssteuerung, Verwendung finden.
Mit der Ausrichtung auf den „Bahnhof der Zukunft“ werden die Personenbahnhöfe hinsichtlich Gebäudeautomation, IT-Ausstattung und Facility-Management mehr und mehr auf einheitliche Standards und Schnittstellen „getrimmt“, so dass der Kampatibiltät der Subsysteme untereinander sowie deren Integration in übergeordnete Strukturen eine wachsende Bedeutung zukommt. Auch die Bahnhofsuhren und die Zeitdienstanlagen werden diesbezüglichen Betrachtungen unterworfen, was mittel- und langfristig die Weiterentwicklung des technischen Lastenheftes beeinflussen wird.
4 Besonderheiten bei der Planung und der Installation
Bei der zunehmenden Vernetzung aller nachrichtentechnischen Systeme dürfen Uhrenanlagen und Bahnhofsuhren bei der Planung von Bauvorhaben nicht etwa vernachlässigt werden, sondern müssen vielmehr fester Bestandteil einer integrativen Auslegung von Gebäudetechnik und Informationssystemen sein. Damit einher geht eine sorgfältige Prüfung, ob der Betrieb von autonomen Funkuhren – obschon aus wirtschaftlichen Gründen meistens wünschenswert – technisch wirklich sinnvoll und auch machbar ist. So sind im Besonderen Faktoren wie z.B. der eingeschränkte Funkempfang in Tunnelbauten, geschlossenen Bahnhöfen oder aufgrund anderer baulicher Maßnahmen sowie mögliche Störeinfüsse sehr kritisch zu prüfen, da ansonsten der ordnungsgemäße Betrieb derartiger Bahnhofsuhren u.U. stark beeinträchtigt wird.
Der Einsatz von autonomen Funkuhren sollte deshalb – wie auch die Anwendung von DCF 77-Uhrensteuerungen für maximal vier Nebenuhren – vorrangig für kleinere Bahnhöfe und Haltepunkte in ländlichen Regionen in Erwägung gezogen werden. Bei Bahnhöfen mit einer größeren Anzahl von Uhren oder bei speziellen Gegebenheiten ist folgerichtig eher die Errichtung von Zeitdienstanlagen mit Haupt- und Nebenuhren zu befürworten.
Beim Einsatz von DCF 77-Funkempfängern ist darauf zu achten, dass diese im Bezug auf Position, Lage, Ausrichtung etc. exakt gemäß den jeweiligen Hersteller-Richtlinien installiert werden, da sonst die Funktionsfähigkeit nicht hergestellt werden kann oder häufig Störungen auftreten können.
5. Das Wartungs- und Instandhaltungskonzept
Die doppelseitigen Bahhofsuhren der „neuen Generation“ nach Maßgabe des aktuellen Lastenheftes „Zeitdiensttechnik“ bestehen im Wesentlichen aus vier Modulen: Den beiden Uhrenmodulen (Uhrwerk, Zifferblatt, Zeiger, Gehäuse und Abdeckung), der Beleuchtungseinheit sowie dem Ringgehäusemodul, welches die vorgenannten Module aufnimmt und an Masten, Decken etc. montiert wird. Der Entwicklung diese Konzeptes gingen umfangreiche Untersuchungen mit dem Ziel einer instandhaltungsfreundlichen Konstruktion voraus, um Wartung und Instandhaltung von DB-Uhrenanlagen zu Zukunft möglichst effektiv und kostengünstig zu gestalten.
Ist bei älteren Modellen noch die zeitintensive Reparatur und Instandsetzung einzelner Bauteile wie Uhrwerk, Zeiger und Glasscheibe möglich und notwendig, so werden derartige Arbeiten bei den neuen Uhren auf den einfachen und schnellen Austausch kompletter Module beschränkt. Die ersetzten Komponeneten werden dann im Rahmen eines modernen Logistik- und Ersatzteilkonzeptes beim jeweiligen Hersteller repariert oder aufgearbeitet. Die noch verwendbaren Teile werden damit – ohne Einbußen bei der Produktqualität – einer sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvollen Wiederverwendung zugeführt.
Auch der periodisch notwendige Austausch der Beleuchtungskörper (Ring-Leuchtstoffröhren) wurde bedacht und konstruktiv dergestalt vorbereitet, dass diese Wartungsarbeit durch ein einfaches Aushängen der Uhrenmodule zügig durchgeführt werden kann.
6. Fazit
Das Lastenheft „Zeitdiensttechnik“ setzt technische Maßstäbe für eine einheitliche und zeitgemäße Zeitdienst- und Uhrentechnologie gemäß den freigegebenen Richtlinien der Deutschen Bahn für Bahnhofsuhren. Die eingesetzten Produkte sind nach diesen DB-Vorschriften typgeprüft und mit Zertifikat freigegen. Durch eine gezielt eingeschränkte Variantenvielfalt und mit einem durchdachten Modulkozept ergeben sich Kostenvorteile bei der Beschaffung sowie bei Wartung und Instandhaltung, die jedoch Produktqualität und Lebensdauer nicht vermindern. Daher sollte der Beschaffung einer neuen DB-Bahnhofsuhr der Vorrang vor der aufwändigen Reparatur einer älteren Uhr eingeräumt werden.
Signal + Draht 11/2003