Wer hat an der Uhr gedreht
Mit der Digitalisierung im Fertigungsumfeld steigt die Gefahr von ungewollten Zugriffen, Manipulationen und Industriespionage. Immer mehr Unternehmen antworten auf diese Entwicklung mit umfassenden IT-Sicherheitskonzepten. Dabei ist die korrekte Systemzeit ein nicht zu vernachlässigender Punkt, der für den Systembetrieb und die Forensik emminent wichtig werden kann.
Um das Bewusstsein für die IT-Sicherheit von Produktionsanlagen zu schärfen, werden immer wieder einige spektakuläre Angriffe geschildert. Dass die Zeitsynchronisation eines der relevanten Handlungsfelder ist, beschreibt jedoch schon das BSI in ihrem Maßnahmenkatalog Hard- und Software – Einsatz eines lokalen NTP-Servers zur Zeitsynchronisation. Darin steht, es sei „bei vernetzten Systemen wichtig, dass alle bei einem Vorgang betroffenen Rechner eine korrekte Systemzeit besitzen“. Gerade bei Informationen wie Fehlermeldungen und über Rechner verteilte Anwendungen ist die Zeitsynchronizität wichtig. In vielen Fällen greifen Anwender auf externe Zeitquellen wie den über Internet zugänglichen NTP-Zeitserver der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig zurück. Doch manchmal ist im Sinne einer IT-strategischen Sicherheitsarchitektur jeder physikalische Zugang zur Außenwelt unerwünscht. Dann müssen die Informationen zur Systemzeit sicher und zuverlässig im System selbst verwaltet werden. Das BSI gibt an anderer Stelle darüber Auskunft, wie sich die korrekte Zeitinformation in drei Ausbaustufen im System sicherstellen lässt.
Drei Ausbaustufen
In der niedrigen Ausbaustufe sollte zumindest eine Synchronisation des Computernetzwerkes unter Verwendung des Network Time Protokolls (NTP) eingerichtet sein, wobei bei externen Quellen nach wie vor die Gefahr von störenden Vorfällen oder auch bewussten Angriffen besteht. Die mittlere Ausbaustufe bedeutet, dass der Systembetreiber ein zusätzliches Empfangsgerät in Form eines DCF-Empfängers in sein Computernetzwerk integrieren kann, wobei dieser Empfänger die Funksignale in ein intern verwendbares NTP-Paket umsetzt. Jedoch sind auch diese Funksignale und daraus generierte Datenpakete nicht vollständig gegen Manipulationen geschützt. Wer ganz sicher gehen muss, setzt daher auf die hohe Ausbaustufe: Hier wird vom BSI eine Kombination aus DCF- und GPS-Empfänger empfohlen, wobei die Zeitsteuergeräte eine eigene interne Zeitquelle mitbringen sollten. So lassen sich Zeitdifferenzen zwischen den externen Quellen erkennen und Anlagenbetreiber bei Bedarf warnen, damit diese etwa Gegenmaßnahmen einleiten können.
Zeitserver
Die NTP-Zeitserver von Bürk Mobatime aus Schwenningen sind insbesondere für den Einsatz in Infrastrukturen gedacht, die entsprechend der hohen Ausbaustufe der BSI-Empfehlung abgesichert sind. Die Anlagenbetreiber weltweit entscheiden sich häufig für eine Zeit-Systemarchitektur, die aus zwei redundanten NTP-Zeitservern mit jeweils einem GPS-Empfänger besteht. Die GPS-Empfänger referenzieren dabei gleich mehrere Satelliten und sind daher schon sehr ausfallsicher konfiguriert. Selbst wenn diese externen GPS-Funkzeitquellen ausfallen sollten, verfügt jeder Zeitserver nochmals über eine eigene in der Regel quarzgestützte interne Zeithaltung. Beide Zeitserver sind unabhängig voneinander mit dem IT-Netzwerk verbunden und als erste beziehungsweise zweite Zeitquelle bei den Netzwerkgeräten fest hinterlegt. Dabei stehen die beiden Zeitserver – unabhängig vom Netzwerk – noch direkt miteinander in Kontakt und stellen durch entsprechenden Abgleich und Softwaretrimmung identische Zeitstempel sicher. Dadurch können bei einem Umschalten etwaige Zeitsprünge vermieden werden, auf die IT-Systeme ansonsten kritisch reagieren würden. Die Produkte unterscheiden sich etwa in der Anzahl der LAN-Ports, zusätzlicher Zeit-Schnittstellen und durch die Qualität der internen Zeitbasis und ‘Holdover-Genauigkeit’. Welchen Stellenwert die Zeitsynchronität in der jeweiligen Fertigungslandschaft aufweist, lässt sich im Gespräch mit Fachleuten evaluieren.