Zeit-Lupe ist nie verkehrt

Ablauforganisation, Funktionsdiagnostik, Patientendurchlauf, Qualitätssicherung, Zeitmanagement – für alle spielt die Zeit eine zentrale Rolle. Krankenhäuser tun gut daran, sich über die Art und Weise der Zeitermittlung und -darstellung umfassend Gedanken zu machen. Es lohnt sich, die heute zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genau unter die Lupe zu nehmen und sich bei der Auswahl genügend Zeit zu lassen.

Zentral gesteuerte Industrieuhren oder Zeitdienstanlagen werden traditionell dort eingesetzt, wo eine exakte und übereinstimmende Zeitanzeige für mehrere Uhren benötigt wird. Die zentrale Hauptuhr steuert dabei beliebig viele Unterzentralen und/oder Nebenuhren sowie andere elektronische Geräte und Systeme, die über entsprechende Schnittstellen (zum Beispiel serielle Kommunikation oder Tonfrequenzcodes) an die Uhrenanlage angebunden sind. Derartige Uhrenanlagen sind besonders für Kliniken und Krankenhäuser interessant, da einfache Funkwanduhren infolge baulicher Gegebenheiten (zum Beispiel Stahlbeton) oder von Beeinträchtigungen durch medizinische Geräte und Systeme teils nicht zuverlässig arbeiten. Darüber hinaus benötigt man auch Spezialprodukte wie geräuscharme Edelstahl-Einbauuhren für Operationsräume.

Wichtige Planungsgrundlagen für solche Anlagen sind eine möglichst genaue Aufgabendefinition und die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit bei den Lösungsvorschlägen. Vielfach können bestehende Uhrenanlagen konventioneller Technik mit neuen, modernen Systemen kombiniert werden und eröffnen dem Betreiber so völlig neue Perspektiven bei der Leistungsfähigkeit und den Nutzungsmöglichkeiten seiner Uhrenanlage. Besonders hervorzuheben ist dabei die netzwerkfähige NTP-Uhrentechnik, mit der sowohl Haupt- als auch Nebenuhren in ein Netzwerk integriert und dank genauer IP-Adressen mit PC-basierten Netzwerkmanagementsystemen betrieben werden können.

Hinsichtlich der Zeitverteilung wird üblicherweise zunächst die Übertragung des Zeitsignals von der Hauptuhr (Steuergerät) zu den Nebenuhren (Endgeräten) betrachtet. Erst in einem nächsten Schritt werden die technischen Alternativen der Hauptuhrsynchronisierung diskutiert – wie zum Beispiel DCF 77, GPS, übergeordnete IT-Systeme oder Quarzbasis. Die Auswahl des richtigen Zeitverteilungssystems und natürlich auch der am besten geeigneten analogen oder digitalen Uhren und Informationsdisplays hängt vor allem von den anwendungsspezifischen und bauseitigen Projektvorgaben ab. Grundsätzlich stehen zwei Zeitverteilungssysteme zur Wahl: kabel gebundene Systeme, die entweder auf Zweidrahtleitungen oder IT-Netzwerken basieren, und Zeit dienstanlagen mit drahtloser Zeitsynchronisierung der Funk-Nebenuhren.

Richtige Infrastruktur für die Zeitverteilung

Bei der Planung von Industrieuhrenanlagen ist es zunächst sinnvoll, eine Unterscheidung nach Kabelspezifikationen zu treffen. So werden für impulsbetriebene Uhren, aber auch für selbstrichtende Systeme, in der Regel herkömmliche Installations- und Telefonkabel verwendet (Zweidrahtleitungen, zum Beispiel J-Y(ST)Y 2 x 2 x 0,8 mm). Anlagen dieser Art wurden traditionell in Bildungseinrichtungen, öffentlichen Gebäuden, Kliniken und Krankenhäusern realisiert. Sie verlieren aber bei neuen Projekten zunehmend an Bedeutung. Impulsuhrenbetrieb bedeutet, dass polwechselnde Minuten- oder Sekundenimpulse von der Hauptuhr über Zweidrahtleitung an die Nebenuhren übertragen werden. Das Nebenuhrwerk arbeitet dabei lediglich auf Basis eines Schrittmotors, verfügt aber über keine Diagnose oder Richtfunktionen.

Auch die moderneren, selbstrichtenden Systeme basieren auf herkömmlichen Zweidrahtleitungen. Dies hat den Vorteil, dass bestehende Kabelwege bei der Anlagenmodernisierung weiter verwendet und spätere Nachrüstungen auch sukzessive in mehreren Schritten vorgenommen werden können. Selbstrichtende Systeme übertragen im Gegensatz zur Impulstechnik generell die komplette Zeit- und Datumsinformation an die Nebenuhr, wobei diese eine gewisse Intelligenz (zum Beispiel Positionsdetektion) zum Verarbeiten und Umsetzen dieser Datenpakete haben muss.

Teilweise hohe Stromaufnahme bei DCF-codierter Übertragung

Hinsichtlich der Beschaffenheit der Datentelegramme gibt es allerdings wichtige, systemrelevante Unterschiede. So sind zum Beispiel kostengünstige Lösungen möglich, wenn die Datentelegramme DCF-codiert aufgebaut sind. Dabei ist von Vorteil, dass vergleichsweise günstige Uhrwerke aus dem Konsumuhrensektor zum Einsatz kommen und zum Teil Impuls- und selbstrichtende Uhren sogar auf derselben Uhrenlinie betrieben werden können. Nachteilig ist allerdings, dass im Konsumerbereich die üblichen Industriestandards für die Ersatzteilhaltung nicht ohne Weiteres eingehalten werden. Daraus resultiert unter Umständen das Risiko, dass der Anwender später keine Ersatzteile mehr beziehen kann und auf neue Produkte in anderer Ausführung und Qualität angewiesen ist. Außerdem ist die DCF-codierte Übertragungstechnik mit einer vergleichsweise hohen Stromaufnahme pro analogem Endgerät verbunden (ca. 10–30 mA) und über den reinen Uhrenbetrieb hinaus sind keine Zusatzfunktionen möglich.
Entsprechend vorteilhaft ist die Technik selbstrichtender Uhrenanlagen, bei der eine 50-Hz-Wechselspannung (10–20 Veff) durch Amplituden- und Frequenzmodulation so aufbereitet wird, dass die Zeit- und Datumsinformation in multifunktionale Datentelegramme ,gepackt’ werden kann.

Diese Datenpakete dienen dann sowohl zur Steuerung von Nebenuhren als auch zur Speisung von Analoguhrwerken, sodass diese keine weitere Stromzuführung mehr benötigen. Außerdem dient diese multifunktionale Technik nicht nur dem Betrieb klassischer Uhrenanlagen. Sie ermöglicht vielmehr auch eine Reihe vorteilhafter Zusatzfunktionen:

  • Einlinien-Weltzeituhrenbetrieb,
  • Schaltfunktionen für externe Stromabnehmer,
  • zahlreiche Interfacelösungen unter anderem für IT-Systeme,
  • eine sichere und robuste Übertragung dank Fehlererkennung,
  • eine geringe Stromaufnahme der Endgeräte (ca. 5 mA).

Netzwerktechnik: eine moderne, vielseitig nutzbare Alternative

Bei Neubau- oder Modernisierungsprojekten in Kliniken und Krankenhäusern werden in zunehmendem Maße netzwerkgebundene Systeme eingeplant. Diese haben den Vorteil, dass für die Uhrenanlage – oder auch andere IT-Subsysteme – keine separaten Kabelwege verlegt werden müssen. Die gängigen Netzwerkkabel (zum Beispiel CAT 5e/ Cat 6e) stehen allen kommunikations- und informationstechnischen Einrichtungen gleichermaßen zur Verfügung.

LAN-basierte Systeme verwenden dazu das übergeordnete TCP/IP–Referenzmodell (Transmission Control Protocol/Internet Protocol). Es legt fest, wie Datenprotokolle im Bereich der Kommunikationstechnik und des Internets aufgebaut sind und wie sie zusammenwirken. Für diese Festlegung verwendet man ein Schichtenmodell, das wiederum bestimmte Anwenderprotokolle standardisiert. Innerhalb dieser Definition hat NTP (Network Time Protocol) die Aufgabe, als Standard die zuverlässige Zeitvorgabe in Netzwerken mit variabler Paketlaufzeit zu ermöglichen. Auf Basis dieses weltweit gängigen NTP-Standards können nun Hauptuhren (NTP-Server, Steuergeräte) mit Unterzentralen (NTP-Clients/Server) oder Endgeräten (Analog- oder Digitaluhren, Informationsdisplays) eine zentral überwachte Zeitdienstanlage bilden, ohne dass für die Uhrenanlage ein physikalisch getrenntes Kabelnetz installiert werden muss. Durch die eindeutige Standardisierung vermeidet man Schnittstellenprobleme und das Zeitsystem kann von jedem Rechner im System aus bedient, programmiert und überwacht werden. Die Verwendung von Routern, Glasfaserleitungen usw. ermöglicht es, auch große Entfernungen problemlos zu überbrücken.

Netzwerkbasierte Uhrenanlagen bieten eine Reihe von Alternativen

Bei der konkreten Ausgestaltung dieser netzwerkbasierten Uhrenanlagen bieten sich unterschiedliche Alternativen: Eine vergleichsweise einfache Lösung besteht zum Beispiel darin, lediglich NTP-Clients als Endgeräte im Netzwerk zu integrieren, bei denen die IT-Kommunikation endet. Von diesen Clients werden nun herkömmliche, über Zweidrahtleitungen verkabelte Nebenuhren synchronisiert. Vor der Entscheidung für eine solche Lösung ist unbedingt zu prüfen, in welchem Verhältnis die unter Umständen geringeren Beschaffungskosten zu den höheren Leitungs-, Installations- und Betriebskosten stehen und wie der letztlich doch wieder fehlende Zugriff auf die Nebenuhren zu bewerten ist. Eine vollwertige, umfassende IT-Lösung ergibt sich hingegen dann, wenn sowohl Haupt- als auch Nebenuhren als NTP-Clients mit eigener IP-Adresse ausgeführt sind. Sie können daher mittels komfortabler Netzwerkmanagementsoft ware von zentraler Warte aus administriert, konfiguriert und sogar überwacht werden. Zwar ist dieses ,lupenreine’ IT-Zeitdienstsystem mit etwas höheren Beschaffungskosten verbunden, die in Relation zu den Gesamtprojektkosten eines Neubaus möglicherweise vernachlässigt werden können. In jedem Fall ergeben sich technische Vorteile wie Anwendungs-, Servicefreundlichkeit und Erweiterbarkeit.

Uhren und Informationsdisplays mit drahtloser Synchronisation

Eine interessante Neuerung im Industrieuhrensektor sind Systeme, die die Vorteile einer herkömmlichen Uhrenanlage mit zentraler Steuerung der Nebenuhren durch eine quarzbasierte Hauptuhr mit den Vorteilen einer kabellosen Endgeräteanbindung kombinieren. Es handelt sich dabei um Konfigurationen, bei denen Endgeräte mit entsprechenden Empfangsmodulen das Zeitsignal in standardisierter Übertragungsfrequenz (868 MHz) von einem oder bei Bedarf auch mehreren Zeitsendermodulen empfangen.

Synchronisiert werden diese Sender entweder durch eine klassische Hauptuhr oder – soweit sie in ein Netzwerk eingebunden sind – von einem modernen NTP-Zeitserver. Auch eine direkte Synchronisierung durch entsprechende DCFoder GPS-Zeitsignalempfänger ist möglich. Diese Technologie ermöglicht eine hohe Flexibilität. Das gilt nicht nur bei der Realisierung neuer Zeitdienstanlagen, sondern auch bei der Modernisierung und Erweiterung bestehender Anlagen.

Sind autonome Funkuhren eine weitere Alternative?

Speziell in Gebäuden, in denen es nicht möglich ist oder viel zu aufwändig wäre, zusätzliche Kabel zu verlegen, ist die drahtlose Technik eine praktikable, vorteilhafte Lösung mit einer zudem noch unbeschränkten Anzahl an Nebenuhren. Von autonomen Funkuhren spricht man im eigentlichen Sinne dann, wenn jede einzelne Uhr über einen eigenen Zeitsignalempfänger verfügt (DCF- oder GPS-Antenne). Mit diesem können entweder die vom Sender Mainflingen aus gesandten DCF-77-Signale oder die via Satellit bereit gestellten GPS-Zeitdaten direkt von der Zeitanzeige eingelesen werden. Für Kliniken und Krankenhäuser sind autonome Funkuhren wegen ihrer, auf die reine Zeitanzeige beschränkten Funktion und möglicher Empfangsprobleme aufgrund bautechnischer oder elektrischer Störeinflüsse eine eingeschränkte Alternative zu den zuvor beschriebenen Zeitdienstanlagen.

Praktische Tipps für die Planung und Beschaffung

Wie eingangs erwähnt, sollte am Anfang jeder Planung ein möglichst genaues Anforderungsprofil der Uhren- bzw. Zeitdienstanlage vorliegen. Dafür müssen die wichtigsten Fragen gestellt und beantwortet werden. Mit der kostenlosen Broschüre ,Leitfaden für die Planung von Uhrenanlagen und digitalen Informationsanzeigen’ bietet Bürk Mobatime einen praktischen Ratgeber für alle an, die mit der Planung solcher Anlagen betraut sind. Darin finden sich unter anderem Beschreibungen sowie Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Zeitverteilungstechnologien, mit deren Hilfe die Frage nach der am besten geeigneten Infrastruktur beantwortet werden kann.